Oh, ein Übersetzungssthread. Schööön! Warum hab ich den nicht früher entdeckt?
Ob ich einen Begriff englisch lasse oder nicht, ist hauptsächlich Gefühl. Und das Gefühl richtet sich danach, ob der englische Begriff im deutschen sinnvoll klingt und üblicherweise so verwendet wird. Wer allerdings eine knackige Übersetzung für »Tweaks« findet, dem bin ich dankbar. Festgestellt habe ich auf jeden Fall: Im Zweifel nicht übersetzen, denn der englische Begriff ist oft trotzdem zumindest einigermaßen bekannt. Eine erzwungene Übersetzung lässt das Ganze schnell laienhaft wirken.
Für Softwareübersetzung geht es nicht nur darum, deutsche Worte zu finden, sondern man sollte sich auch an die eingebürgerten Konventionen halten. Dazu reicht es schon, mit offenen Augen durch die großen (und hoffentlich professionell übersetzten) Programmpakete zu klicken. Da bekommt man schnell mit, welche Elemente wie benannt werden. Ganz besonders wichtig: Standard-Menübefehle und Standard-Buttonbeschriftungen. Hoppla! Englische Buttons werden genau genommen zu deutschen Schaltflächen. Und zumindest im Programm sollte das auch passieren. Im alltäglichen Sprachgebrauch ist mir persönlich die Schaltfläche zu sperrig.
Ein paar Beispiele. Den »Apply«-Button habe ich schon in den schönsten Formen wiedergefunden. Dabei heißt das Ding im Deutschen eindeutig »Übernehmen«. Genauso der Menüpunkt »Find«, der eben nicht »Finden«, sondern »Suchen« heißt. Wobei auch ein originales »Find« schon besser »Search« hätte heißen sollen. Und das Paar »Previous/Next« bzw. »Back/Next« sollte »Zurück/Weiter« heißen.
In dem Zusammenhang ist auch die Regel mit den drei Pünktchen interessant. Die Menüpunkte »Drucken...« und »Drucken« haben ganz klar definierte verschiedene Funktionen. Die Punkte deuten an, dass nicht sofort eine Aktion ausgeführt wird, sondern erst in einem Dialog Einstellungen vorgenommen werden müssen. Ein Menüpunkt ohne Punkte dagegen führt unmittelbar die Aktion aus. Das ist eine Stelle, an der man mit der Übersetzung so manches Programm ein Stück eindeutiger machen kann.
Was am allerhäufigsten falsch gemacht wird, ist die Regel, Infinitivkonstruktionen zu verwenden, keine Imperative/Ich-Formen. »Open file...« wird zu »Datei öffnen...«, nicht »Öffne Datei..«. Das gilt auch für längere Texte wie Tooltips. »Show if bla blubbed the furkel.« sollte eben nicht zu »Zeige, wenn Bla den Furkel geblubbt hat.« werden, sondern zu »Anzeigen, wenn Bla den Furkel blubbt.« Ja, das kann manchmal ein bisschen sperrig klingen. So ist sie halt, die deutsche EDV-Sprache.
Ok, zurück zur Video-Terminologie. Da haben wir ja zwei klassische Kandidaten, mit denen man immer in Teufels Küche gerät. Dabei ist alles so einfach: »First crop and resize, then start the encoding.«
Probleme: a) Die englischen Bezeichnungen sind im Deutschen weit verbreitet. b) Zumindest to resize lässt sich nicht beugen, ohne bei Ungetümen wie »regesizet« o.ä. zu landen. Und das kann’s ja wohl nicht sein. c) Wegen Punkt a existiert keine allgemein bekannte und übliche Übersetzung.
Bei Software tut man sich leicht. Nicht übersetzen, höchstens aus »Crop« und »Resize« ein »Cropping« und »Resizing« machen, da das eleganter klingt. Man kann sich darauf verlassen, dass die Begriffe allen bekannt sind, die eine minimale Ahnung vom Video-Encoding haben. Schwieriger wird es in Tutorials, wo man nicht umhin kommt, die Verben zu verwenden. Mir hat das lange Zeit Kopfzerbrechen bereitet, bis ich mich auf eine Übersetzung geeinigt habe, und zwar:
to crop = zuschneiden
to resize = skalieren
Da die Begriffe aber nicht allgemein bekannt sind, braucht man schon etwas Fließtext, in dem man deutsches und englisches Wort parallel benutzt, damit klar wird, was womit gemeint ist. Das läuft inzwischen meistens so: Wenn ohne Verrenkungen möglich, nehme ich das Substantiv und dann den englischen Begriff in der Ing-Form (also »Cropping« und »Resizing«). Für die Verben müssen die Übersetzungen herhalten.
Ich finde übrigens nicht, dass in den beiden Übersetzungen direkt zum Ausdruck kommen muss, was man genau macht. Denn auch die englischen Wörter sind recht unspezifisch. »To crop« bedeutet schlicht »stutzen, kürzen, beschneiden« und »to resize« sagt nicht mehr als »Größe ändern«.
Zwei andere nette Kandidaten:
progressive scan = progressives Bild
interlaced = interlaced. Auch mit englischer Beugung. Ein »Video im Zeilensprungverfahren« ist also ein »interlaced Video«. Ganz grammatikalisch astrein ist das nicht, aber mir ist noch nichts eingefallen, was gut klingt und keine erzwungene Übersetzung erfordert, die keiner versteht.
Natürlich wirkt sich das auch auf den Vorgang aus, aus einem interlaced Video ein progressives zu machen. Da verwende ich gern eine Technik, die sich allgemein als recht brauchbar herausgestellt hat. Man nimmt das englische Sustantiv auf -ing. Man sagt dann eben nicht »Wir müssen das Video deinterlacen.« sondern »Nächster Schritt ist das Deinterlacing des Videos.« Zwar etwas länger, geht aber einwandfrei als sinnvolles Fachdeutsch durch.
Und noch ein paar:
stream = »Strom« im Allgemeinen (Datenstrom, Multimediastrom) oder »Spur« als Bestandteil einer Containerdatei (Audiospur, Videospur)
to encode = encodieren, nicht »encoden«
an encoding (im Sinn des fertigen Films) = ein Encoding, nicht »ein Encode«
the encoding (der Vorgang) = das Encoding, das Encodieren
Durch die Bank verbockt wird der Begriff für Dateien eines bestimmten Typs, was ja oft durch die Dateiendung ausgedrückt wird. Standardmäßig schreibt man die Dateiendung in Großbuchstaben und hängt dann mit Bindestrich »Datei« an. Es ist weder eine »Avidatei« noch eine »Avi-Datei«. Und schon gar keine ».avi Datei« oder ähnlich Grausames. Es handelt sich um AVI-Dateien, MKV-Dateien, AAC-Dateien, Ogg-Dateien. ... Halt. Wieso Ogg nicht in Großbuchstaben? Weil »Ogg« der komplette Name des Containers ist. Es handelt sich also nicht um den Fall »Dateiendung, Bindestrich, Wort« sondern um »Produktbezeichnung, Bindestrich, Wort«. So wie Matroska-Dateien oder Vorbis-Tonspuren.
Bindestriche mag die deutsche Sprache übrigens gern, genauso wie lange Wörter. Dass man wie im Englischen einfach mehrere Begriffe mit Leerzeichen hintereinander stellt, ist hierzulande nicht erlaubt. Deswegen existiert auch keine »Video Vorschau Funktion«, sondern mindestens eine »Video-Vorschau-Funktion« oder noch besser eine »Video-Vorschaufunktion«. Oft arbeiten wir auch mit AviSynth-Frameserver-Skriptbefehlen oder wir konfigurieren den DivX-6.4-Codec. Zusammengesetzte Begriffe mit Leerzeichen existieren nicht. Wie heißt demnach also das mit dem Vorbis-Encoder encodierte und in den Ogg-Container verpackte Musikstück? Genau, das ist eine Ogg-Vorbis-Datei. Und eine deutsche DVD mit anamorphem Bild nennt sich wie? Nicht verwirren lassen. »16:9-PAL-DVD«. Nur weil plötzlich ein Doppelpunkt auftaucht, darf man noch lange nicht die Bindestriche über Bord werfen.
Zu den »AutoParentheses«. Im Deutschen werden solche Automatiken doch meistens mit »AutoVervollständigen« o.ä. bezeichnet – wobei ein Großbuchstabe mitten im Wort in so einem Fall schlicht Brechreiz erzeugt. Warum also nicht »Auto-Klammervervollständigung«? Oder gleich ohne »Auto-«. Das automatische Einfügen von Quellcode-Teilen kenne ich jedenfalls aus diversen IDEs und Editoren als »Codevervollständigung«. Alternativ könnte man »Klammerergänzung« bzw. »Auto-Klammerergänzung« andenken. Letzteres gefällt mir auf den zweiten Blick sogar von allen am besten.
Und zum Abschluss noch der Klassiker schlechthin. Der Standard. Zwei d bitte!
Hui, das ist jetzt deutlich länger und allgemeiner geworden als geplant. Na, vielleicht hilft es ja dem einen oder anderen.