Frugalware 1.6 (Fermus)
1.Teil
Vor ca. 3 Wochen wurde die stable-Version von Frugalware 1.6 veröffentlicht. Hier nun mit einiger Verspätung ein paar Eindrücke meinerseits dazu. Mit auf Slackware basierenden Distributionen konnte ich mich nie so recht anfreunden, siehe dazu z.B. meinen Kurztest hier von Zenwalk. Als ganz besonderen Minuspunkt empfand ich das unzureichende Paketmanagement, welches des öfteren Probleme und Unzulänglichkeiten verursachte. Slackware und seine Ableger haben zweifellos ihre Qualitäten, mein Fall waren sie jedoch bisher nicht. Eine moderne, zeitgemäße Paketverwaltung ist für mich einfach Pflicht und wenn diese "verspricht" Abhängigkeiten aufzulösen, dann sollte sie das auch umfassend beherrschen und nicht nur so tun als ob. Zeitaufwändige, mühsame und komplizierte manuelle Konfiguration? Nunja, wenn es denn nicht unbedingt sein muss bin ich nicht unglücklich wenn mir die Distribution das soweit als möglich abnimmt. Hier kommen dann schon die Punkte zum Vorschein die mich als typischen Slackware-Benutzer disqualifizieren.
Nicht in allen Belangen zufrieden mit Slackware war vor einigen Jahren auch ein findiger ungarischer Programmierer. Im speziellen störte ihn die doch sehr lahme Paketverwaltung (für meine Begriffe eine sehr optimistische Bezeichnung für die rudimentären pkgtools). Nachdem seine Änderungsvorstellungen bei Slackware nicht unbedingt Gehör fanden dachte Miklós Vajna erstmals über eine eigene Distribution nach. Das beschreibt im Wesentlichen die Entstehungsgeschichte von Frugalware die ins Jahre 2004 zurückreicht. Den Unterbau stellte immer noch Slackware, hinzu kamen ein rewrite des Paketmanagers von Arch Linux, ein eigenes Paketsystem, Repoman, die nahezu genial einfachen FrugalBuilds und dazu viele eigene grafische Konfigurationswerkzeuge, die es in dieser Form bislang nur unter Frugalware gibt. Einer der Ansätze war auch einen Slackware-Ableger zu schaffen der die bewährten Qualitäten erhält, jedoch weitaus benutzerfreundlicher ist und eine Paketverwaltung auf aktuellem Stand der Zeit mitbringt. Qualität, Stabilität und eine gute Paketverwaltung - drei gewichtige Gründe die mich veranlassten mal einen Blick auf diese Distribution zu werfen.
Bei Frugalware handelt es sich leider um eine eher unbekannte und sehr kleine Distribution, was sich wiederum in einem sehr dürftigen Wiki und einem Forum mit überschaubar wenigen Themen niederschlägt. Andererseits bei Fedora sieht es im deutschsprachigen Raum auch nicht viel besser aus. Einem Linux-Einsteiger würde ich Frugalware jetzt nicht gerade als ersten Tipp ans Herz legen, wer aber nur ein wenig Erfahrung im Umgang mit Linux hat, der wird mit dieser Distribution auf keine unüberwindbaren Hürden stoßen. Im direkten Vergleich zu Slackware ist Frugalware fast als angenehmer Spaziergang zu umschreiben.
Von Slackware beibehalten wurde die Unterteilung in zwei branches:
- current: nahezu tagesaktuell, Frugalware als Rolling-Relase-Modell
- stable: Aktualisierung ungefähr jedes halbe Jahr auf die nächste stable-Version
Mit stable sollte der Durchschnittsanwender nichts falsch machen. Die Pakete sind im Normalfall ausreichend aktuell und die Distribution wird mit enormer Stabilität beeindrucken. Wer unbedingt auf die neuesten Pakete angewiesen, aus welchen Gründen auch immer, der ist beim current-Zweig richtig. Zusätzliche „Bastelarbeiten“ die ein wenig mehr Wissen rund um Linux erfordern sind dann jedoch nicht immer auszuschließen.
Die Installation kann man auf mehreren Wegen beschreiten. Die Downloads der aktuellen Version sind hier zu finden:
http://frugalware.org/download/frugalware-1.6-iso
Torrents stehen leider (noch?) nicht zur Verfügung, dafür fehlt es der Distribution noch an der notwendigen Popularität. Wie bei openSUSE, Fedora usw. gibt es große Installationsmedien mit DVD-Größe, Live-CDs und die kleinen netinstall-Isos. Eine direkte Installation ist nur von DVD aus möglich. Dazu wird die DVD1 benötigt. Darauf sollte man jedoch nur zurückgreifen wenn am Standort der Installation kein oder nur ein unzureichender Netzzugang zur Verfügung steht. Die meist gut ausgelasteten Server werden es danken, denn die Installations-DVD enthält sehr viele Pakete die die meisten ohnehin nicht benötigen werden.
Bei mir belief sich das gesamte Downloadvolumen (netinstall + Live-CD und die von den Servern geladenen Paketen) auf insgesamt ca. 1,4GB. Wer mit einem textbasierten Installer das Auslangen findet verwendet das netinstall-Iso, wer es gerne etwas komfortabler mag, der greift auf die angebotenen Live-CDs zurück. Der Inhalt der Live-CDs wird übrigens nicht wie bei vielen anderen Distributionen üblich auf die Platte kopiert, man kann sich hiermit lediglich einen ersten optischen Eindruck von Frugalware verschaffen. Die benötigten Pakete werden auch hier frisch von den Servern geholt.
Die textbasierte Installation
unterscheidet sich im Ablauf mit einer Einschränkung kaum von der grafischen. Frugalware stellt einem drei Optionen bei der Installation zur Verfügung:
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1. Standard-Installation
2. Standard-Installation mit Framebuffer - bewirkt im Normalfall eine an den Monitor angepasste und damit bessere/höhere Auflösung
3. GUI - Installation mit einem simpel aufgebauten grafischen Installer
Wer die textbasierte Installation wählt sollte seine Festplatte(n) am besten schon im Vorfeld entsprechend partitionieren. Ansonsten hält nämlich die Installation ohne GUI nur einige etwas steinzeitlich anmutende Werkzeuge zu Partitionierung bereit:
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Abgehandelt werden in gleicher Reihenfolge textbasiert oder grafisch folgende Punkte:
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Am funktionellsten und optisch gediegensten begegnet einem die grafische Installationsroutine der Live-CDs. Dieser wollen wir uns jetzt zuwenden. Ist zwar insgesamt noch nicht so einfach wie bei den *buntus, allerdings auch nicht mehr allzu weit davon entfernt. Den Rechner mittels Livc-CD starten und auf das Desktop-Icon „Install Frugalware“ klicken, das jetzt abgefragte und einzutragende Passwort ist „fwlive“.
Schritt für Schritt werden nun Sprache, Tastaturbelegung und der nächstgelegene FTP-Server für den Download der erforderlichen Pakete bestimmt. Die Partitionierung der Festplatte erledigt beim grafischen Installer das bewährte GParted. Möglich sind ext2, ext3, ext4, reiserfs und xfs. BTRFS steht als Dateisystem nicht zur Verfügung.
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Ist die Platte bereits passend partitioniert sind nun zwingend eine swap- und root-Partition zu bestimmen. Home und boot sind falls gewünscht manuell anzulegen. Im nächsten Schritt ist auszuwählen welche Installationsvariante zum Einsatz kommen soll. Offeriert werden drei Optionen:
- Einsteiger = Basic Mode
- Erfahren = Intermediate Mode
- Experte = Expert Mode
Nun darf man sich für einen Desktop entscheiden:
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Ich entscheide mich hier für LXDE. Wer „Intermediate Mode“ oder „Expert Mode“ ausgewählt hat dem wird hier auch eine manuelle Paketauswahl geboten. Hier kann man sich nun nach Lust und Laune die zu installierende Software zusammenstellen. Um die Auflösung der Abhängigkeiten kümmert sich Pacman und das funktioniert richtig gut. Zumindest mir ist es in mehreren Versuchen nicht gelungen das System aus dem Tritt zu bringen. Beim „Basic Mode“ ist nur die Auswahl des Desktops möglich, die Pakete bestimmt automatisch der Installer.
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Je nach Geschwindigkeit des Servers und der Internetanbindung dauert der Download seine Zeit. Nach dem Download erfolgt erst die eigentliche Installation. Beides nahm bei mir ca. eine knappe dreiviertel Stunde in Anspruch. Bei abgeschlossener Installation ist noch ein Passwort für den Administrator zu vergeben, eine „normaler Nutzer“ anzulegen (im Auswahldialog lassen sich für diesen auch gleich sudorechte zuteilen) und der Bootloader Grub zu installieren (MBR, root-Partitition oder auf Diskette). Damit ist dann die Installation der Distribution vollendet, es folgt noch der Hinweis auf den erforderlichen Neustart und die Entwickler wünschen zum Abschluss noch viel Spass mit Frugalware.
Die grafische Installationsroutine weiß zu gefallen und ist was die Benutzerfreundlichkeit absolut auf der Höhe der Zeit. Selbst Raidsysteme sind bei Bedarf mühelos zu integrieren oder anzulegen. In Summe gesehen ist da sogar der grafische Installer von openSISE komplizierter und umständlicher zu handhaben und Arch Linux ist eine Wissenschaft dagegen. Nach dem Neustart beeindruckt der kurze Bootzeit des Systems. In etwa 12 Sekunden befindet sich mein vergleichsweise sehr rechenschwacher PC (Athlon 3200+, 1GB RAM) am Login-Screen wieder. Slackware-typisch ist nur ein absolutes Minimum an Diensten gestartet. So läuft z.B. auch cups nicht, hier ist dann der Anwender gefragt. Der schlicht gehaltene LXDE-Desktop wurde in Frugalware mit einem eigenen Theme, anderen Icons usw. optisch sehr aufgewertet und präsentiert sich sehr aufgeräumt. Macht einen schicken und guten ersten Eindruck. Ganz besonders wenn man bedenkt wie altbacken sich LXDE unter Fedora präsentiert. Bei Frugalware hat man sich in dieser Hinsicht erkennbar mehr Mühe gegeben. Das verwendete Icon-Set sagt mir weniger zu, das ist aber schnell geändert und nur Geschmackssache.
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Das System fühlt sich sehr agil und reaktionsfreudig an und weist ohne gestartete Anwendungen einen Arbeitsspeicherverbrauch von nur 68MB auf. Der Dateimanager von LXDE startet z.B. schneller als man die Maustaste losgelassen hat. Flash, MP3, MPEG2 und alle erdenklichen Multimediaformate laufen sofort ohne weiteres zutun oder Nacharbeit.
Nacharbeit benötigt lediglich die deutsche Tastaturbelegung, was zum Teil auch einer noch immer vorhandenen Unzulänglichkeit von LXDE geschuldet ist. Mit der deutschen Lokalisierung gibt es soweit keine Probleme, abgesehen von den Programmen natürlich die bislang nur mit einer englischen Oberfläche versehen sind. Widerwillig zeigt sich nur die Tastatur die beharrlich auf der englischen Belegung beharrt. Hier schaffen folgende drei Schritte Abhilfe:
In der Konfigurationsdatei befindet sich im letzten Teil folgende Zeile:
Das „us“ durch „de“ ersetzen und die geänderte Datei abspeichern. Der zweite Schritt besteht nun darin eine weitere Konfigurationsdatei anzupassen:
Hier den Eintrag „Option "xkb_layout" "" in „Option „XkbLayout“ „de“ abändern und speichern. Weitere Abweichungen bitte ebenfalls korrigieren. So sind die Einträge korrekt:
Section "InputClass" Identifier "evdev keyboard catchall" MatchIsKeyboard "on" MatchDevicePath "/dev/input/event*" Driver "evdev" Option "XkbLayout" "de" Option "XkbVariant" "nodeadkeys"EndSection
Zu guter Letzt ist nun noch die Autostart-Datei von LXDE anzupassen damit immer gleich das gewünschte deutsche Layout geladen wird:
um folgende Zeile erweitern:
Abspeichern und fertig! Anders als bei Slackware ist der proprietäre Nvidia-Treiber in den Paketquellen von Frugalware enthalten. Wer diesen benötigt weil z.B. vdpau vonnöten ist um auf älteren Rechnern HD-Videos ruckelfrei schauen oder generell mit der eher bescheidenen Performance von Nouveau unzufrieden ist- die Installation ist ein leichtes.
Wichtig ist als erster Schritt Nouveau zu verbieten sich in grafische Belange einzumischen. Dies erfolgt indem der /etc/sysconfig/blacklist der Eintrag „blacklist nouveau“ hinzugefügt wird.
Datei speichern und danach den Rechner neustarten. Nun mit
den Nvidia-Treiber installieren. Nvidia-setting und xconfig werden in diesem Zuge mitinstalliert. Nach einem Reboot steht die Funktionalität des originalen Treibers dann zur Verfügung.
Soviel zur erfreulich problemlosen und unkomplizierten Installation von Frugalware 1.6. Der zweite Teil folgt dann in den nächsten 1-2 Wochen...