VHS/MPEG2 encodieren

  • Hallo zusammen,

    gibt es Tools mit denen man mit relativ wenig Aufwand und ohne nennenswerte Qualitätsverluste seine in MPEG2 digitalisierten VHS Aufnahmen encodieren kann?

    Ich hatte das mal vor 1-2 Jahren mit Handbrake gemacht, dort habe ich hohe Qualität und x264 ausgewählt, die Qualität vom encodierten Video war aber deutlich schlechter.

    Ansonsten werde ich sie wohl erstmal einfach in MPEG2 lassen, da es nur etwa 200-300GB sind und Speicherplatz ja heutzutage schon kaum noch was kostet.
    MPEG2 wird dank DVD sicher auch noch einige Jahrzehnte unterstützt werden.

  • Grundsätzlich wird die Qualität bei jeder neuen Encodierung in ein Videoformat, das Verluste in Kauf nimmt, um Platz zu sparen, schlechter. Ob man den Qualitätsverlust aber überhaupt bemerkt, ist eine Frage der sinnvollen Einstellungen. Grundsätzlich erhält man die Qualität seiner Videos am besten, wenn man weitere Konvertierungen vermeidet. Will man trotzdem unbedingt Platz sparen und dafür Zeit investieren, gibt es typische Fehlerquellen... hier nur mal eine als Beispiel:

    Gerade bei der Konvertierung von Aufnahmen aus Zeiten des Analogfernsehens kann es durchaus vorkommen, dass das Zeilensprungverfahren (Interlacing) verwendet wurde, um (angepasst an das Leuchtverhalten der Fernseher mit Kathodenstrahlröhren) flüssigere Bewegungen wiederzugeben, wo mit entsprechenden Kameras gearbeitet wurde (z.B. bei Sportübertragungen, aber nicht bei Kinofilmen, die ja zuerst auf Fotofilm aufgenommen wurden). Encodiert man Video, das mit Interlacing erzeugt wurde, ohne den Encoder im Interlaced-Modus zu verwenden, wird man in Szenen mit starker Bewegung auch starke Qualitätsverluste bemerken.

  • Ja ohne Qualitätsverluste wird es beim Encoding nicht gehen, aber es ist wohl auch so wie du schon geschrieben hast, dass man es bei "sinnvollen" Einstellungen vermutlich nicht merkt.

    Sind bei mir eigentlich nur private Aufnahmen mit einer alten Sony Videokamera, ich glaube das sind noch Super8 Kassetten, kann ich bei Bedarf nochmal genau nachschauen.
    Wie kann ich den herausfinden ob Interlacing verwendet wurde?

    Wo wir gerade auch bei sinnvollen Einstellungen sind, ich digitalisiere meine ganzen Videos mit einem Panasonic DMR EH545, nimmt dieser den sinnvolle Einstellungen vor beim encodieren (ich speichere die Filme auf der integrierten Festplatte)?

  • private Aufnahmen mit einer alten Sony Videokamera, ich glaube das sind noch Super8 Kassetten, kann ich bei Bedarf nochmal genau nachschauen.
    Wie kann ich den herausfinden ob Interlacing verwendet wurde?

    Kurz: Bei der Hardware wahrscheinlich ja.

    Ausführlich testen kann man es, indem man bei einem Konverter die Halbbild-Dominanz festlegt und dann "bobbt" (also alle Halbbilder in Vollbilder interpolieren lässt) und das Ergebnis schließlich langsam Bild für Bild anschaut, ob das zeitliche Voranschreiten vor allem in bewegten Szenen gleichmäßig aussieht. Bei progressiver Aufnahme hätte man immer zwei (Halb-) Bilder, die offenbar um den gleichen Zeitpunkt aufgenommen wurden. Bei falscher Wahl der Halbbild-Dominanz würden Bewegungen vor und zurück springen. Hierzu kann man sagen, dass sie bei vielen Analogkameras "Top Field First" (TFF) ist, bei Digital Video (DV-Tape) dagegen fast sicher "Bottom Field First" (BFF).

    Ich weiß nur nicht, ob dir der ausführliche Test mit Handbrake gelingt. Bei einem Konverter, der AviSynth benutzt, lässt sich das generierte Skript leicht an geeigneter Position (zwischen Source-Plugin und Ausgabe) um zwei Befehle erweitern (nur zum Testen, nicht zum Encodieren!):

    Code
    AssumeTFF() # oder AssumeBFF()
    Bob()

    Davon abgesehen: Wenn du am Ende mit x264 encodierst, ist es technisch eigentlich recht sicher, den Interlaced-Modus bei solchen alten Videoquellen immer zu aktivieren. Der x264-Encoder verwendet eine Technik, die nur solche Bildbereiche tatsächlich interlaced encodiert, wo das vorteilhaft ist (MBAFF). Nur die Dominanz muss die richtige von beiden sein.

  • Ein weitere Fehler ist gleich in einem verlustbehafteten Codec zu digitalisieren, wenn man im Folgen noch selbst Hand anlegen möchte, sprich man nochmal encodieren will oder muss. Besser man wählt einen Lossless-Codec beim Digitalisieren und akzeptiert vorübergehend größere Videodateien als Zwischenschritt. So hat man nur die Verluste, die durch das Digitalisieren von Analogdaten entstehen; um die kommt man aber generell nicht herum.

    Grüße Thomas

  • LigH
    Danke für die ganzen Infos zum Interlacing, also gibt es keine direkten Tools wo man Videos reinschmeißt und das einem dann sagt ob Interlacing verwendet wurde, aber das wird dann scheinbar leider nicht gespeichert.
    Aber scheinbar ist das auch nicht ganz so wichtig, wenn ich die richtig verstanden habe, bzw. die richtige Dominanz muss ich schon wissen?

    Edit:
    Ich sehe gerade, dass mir MediaInfo das ja ausgibt
    Scan type : Interlaced

    Scan order : Top Field First
    Damit sollte ich ja dann alles zusammen haben, was ich brauche, oder kann ich nicht davon ausgehen, dass der DVD-Recorder das korrekt "extrahiert" hat?
    Die Dateien habe ich von der Festplatte mit meihdfs extrahiert
    https://github.com/leecher1337/panasonic-rec

    mectst
    Ja es ist mir bewusst, dass direkt verlustbehaftet zu digitalisieren nicht der beste Weg ist, aber ich habe mich zunächst einmal für diesen Weg entschieden, auch da laut Gubel seinem Tutorial es nur "qualitativ leicht schlechter" ist den Umweg über MPEG2 zu gehen.

    Einmal editiert, zuletzt von coinabc1 (10. Januar 2020 um 01:57)

  • Es ist sehr schwer, vollautomatisch festzustellen, ob der Videoinhalt tatsächlich halbbildweise in der Zeit voranschreitet. Das menschliche Gehirn ist bei der Erkennung von Bewegungen dem PC bei weitem überlegen.

    Video für DVDs wird daher praktisch immer so encodiert, dass der MPEG2-Videoencoder auf das Interlaced-Verfahren eingestellt wird, damit man bloß nicht aus Versehen die Qualität versaut. Was MediaInfo an Header-Flags ausliest, bedeutet also nur: So war der Encoder eingestellt. Das sagt aber nichts über den sichtbaren Videoinhalt aus.

    Der Vorteil von MPEG4 AVC-Video ist (insbesondere beim x264-Encoder, der dies unterstützt), dass die MBAFF-Technik tatsächlich nur die Bereiche im Video im Interlaced-Verfahren encodiert, bei denen eine progressive Encodierung erhebliche Qualitätsverluste bedeuten würde. Bei ruhigen Bildbereichen, in denen man keinerlei Veränderungen im zeitlichen Verlauf bemerkt, werden diese Bereiche aber progressiv encodiert, was bei Vollbildaufnahmen etwas bessere Qualität bringt.

    Insofern also der Rat beim Encodieren von Material, das vielleicht aufgrund seiner Herkunft halbbildweise aufgezeichnet worden sein könnte: Besser x264 auf Interlaced-Modus stellen. Den progressiven Standard-Modus nur verwenden, wenn man sich sicher ist, dass die Videoquelle auch nur Vollbilder enthält.

    Hinweis am Rande: Es gibt durchaus Programme, die versuchen, Interlacing automatisch zu erkennen. MeGUI und HDConvertToX bieten so etwas an. Dafür encodieren sie einen kleinen Ausschnitt ... Überraschung! ... mit x264 jeweils in TFF- und BFF-Interlacing und vergleichen die Effizienz in dessen Statistiken. Aber was, wenn der gewählte Ausschnitt dafür ungeeignet ist? Als Mensch überblickt man das gesamte Video.

  • ok, dann lasse ich die erstmal als MPEG2 auf der Festplatte liegen und schaue mir das mit dem Interlacing bei Gelegenheit nochmal genauer an.

    Danke nochmals für die ausführliche Erklärung.

    Nochmal für mich als Erinnerung für die Zukunft dann, bevor ich das Video zu x264 encodiere muss ich zunächst klären ob Interlacing verwendet wurde und wenn ja noch welche Dominanz verwendet wurde?
    Wenn ich das dann alles zusammen habe, gebe ich das beim encodieren an, soweit richtig zusammengefasst?

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