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Technischer Hintergrund:
Dejustierte Aufnahmen (engl.: misaligned recordings) stellen ein gar nicht so seltenes Problem dar, das bei fast allen band-basierten Formaten auftreten kann, besonders aber bei 8mm-basierten Formaten wie Video8 / Hi8 / Digital8. Im Vergleich zu größeren Formaten wie (S)VHS(C), Betacam, u.Ä., ist dies vermutlich der kompakteren und portablen Bauform von 8mm-Geräten wie z.B. Video-Camcordern oder portablen Playern geschuldet, die im Vergleich zu einem stationären (S)VHS(C)-Gerät weitaus größeren Belastungen und Erschütterungen ausgesetzt sein können, da sie ja für und während der Benutzung bewegt werden.
Der Weg, den ein Videoband durch ein Abspielgerät zurücklässt, muss einerseits sehr genau auf die jeweiligen Spezifikationen des entsprechenden Formats, andererseits aber auch auf das jeweilige Abspielgerät abgestimmt sein, um die bestmöglichen Ergebnisse erzielen zu können. Jedes bandgeführte Abspielgerät besitzt sogenannte Kopf-Umlenkrollen (siehe Bild 1), die mittels einer kleinen Schraube auf deren Oberseite höhenverstellbar sind und welche den Zweck haben, den exakten Winkel zwischen Band und der sich drehenden Kopftrommel so einzustellen, dass die sich auf der drehenden Kopftrommel befindenden Videoköpfe die Informationen auf dem Band im genau richtigen Winkel lesen können.
Bild 1: Kopf-Umlenkrollen ohne eingelegtes Band in einem Sony EV-S9000E.
Bei einigen 8mm-Camcordern aus den 80ern & 90ern war bekannt, dass deren Hersteller diese sogenannten Umlenkrollen nicht fest genug verschraubten oder aber dass diese mit der Zeit lockerer wurden. Entgegen der oft immer fälschlicherweise angenommenen Meinung, dass es bei 8mm-Geräten im Vergleich zu einem (S)VHS-Rekorder zu keinerlei Tracking- bzw. Spurlagen-Problemen kommen könne (technisch gesehen, stellen 8mm-Systeme das Tracking bzw. die Spurlage durchaus selber basierend auf dem eingelegten Band ein und haben deshalb auch keinen manuell verstellbaren Tracking/Spurlage-Regler so wie (S)VHS-Maschinen), konnte es durch mechanische Dejustierungen der Umlenkrollen bei der Aufnahme eines Bandes aber dennoch auch bei 8mm-Bandformaten zu Spurlagen/Tracking-Problemen kommen, die im Vergleich zum (S)VHS-Rekorder aber dann direkt ungleich schwerer zu beheben sind, eben aufgrund des Fehlens einer manuellen Tracking-Einstellung.
Wird nun also eine Aufnahme in einem meist portablen, häufiger Erschütterungen ausgesetzten Bandgerät (z.B. Video8-Camcorder) gemacht, in welchem die Umlenkrollen also nicht (mehr) fest und nach der Norm im Mechanismus verschraubt sind, zeichnet das Gerät folglich ein nicht mehr nach der Norm ausgerichtetes Ton- & Videosignal auf das Band auf, das sich in Folge dessen nicht mehr im normierten, korrekten Winkel gegenüber der Kopftrommel und den Videoköpfen befindet (siehe Bild 2).
Bild 2: Bei eingelegtem Band fahren die Umlenkrollen mitsamt dem Band nach oben, um es um die rotierende Kopftrommel zu legen. Der richtige Winkel zwischen Band und Kopftrommel ist entscheidend für eine fehlerfreie Wiedergabe.
Meist ist dieses Problem den Nutzern gar nicht aufgefallen, denn der Clou dahinter ist, dass die jeweilige Kamera ihre eigenen, „falsch“ aufgenommenen Bänder nach wie vor korrekt abspielt, da diese ja auch von ihr selbst so erzeugt wurden.
Fällt nun aber diese originale Kamera mit der Zeit aus und möchte man dann Jahre oder Jahrzehnte später die damals aufgenommen, wertvollen Erinnerungen durch Digitalisierung vor dem zeitlichen & chemischen Verfall bewahren, kommt dann meist das böse Erwachen, denn die Bänder sind dann mit jedem anderen (korrekt-normierten) Camcorder oder Abspielgerät nicht oder nur mit großen Bild- oder Tonproblemen abspielbar.
Auch die meisten gängigen und bekanntesten Digitalisierungsanbieter sind bei dieser Thematik meist keine Hilfe, denn entweder sind diese nicht erfahren / professionell genug und kennen sich deshalb mit dem Thema Dejustierung von vorneherein erst gar nicht aus, weshalb sie dann dem Kunden mitteilen, dass die Bänder für immer unwiderruflich verloren seien, da sie wohl mit einem „defekten“ Gerät aufgenommen bzw. erzeugt wurden und man da nichts machen könne (wodurch sicherlich nicht wenige Besitzer ihre Bänder daraufhin entsorgt haben). Oder aber sie sind zwar erfahren genug und erkennen, dass es sich hierbei um eine Problematik mit dejustiert-aufgenommenen Bändern handelt, scheuen aber davor zurück, aufgrund der vergleichsweise dann doch eher relativen Seltenheit dieses Phänomens und der damit vermutlich auch verbundenen Rentabilität bzw. Wirtschaftlichkeit, aktiv zu werden und ihre Abspielgeräte dementsprechend zu modifizieren, um sie für dejustierte Aufnahmen abspielbar zu machen.
So erging es auch mir selbst, als ich mich bei einem sehr bekannten, deutschen, in Berlin ansässigen Digitalisierungsservice erkundigt hatte. Man kenne zwar die Problematik, wisse aber auch gar nicht so Recht, wie man dejustiert aufgenommene Bänder wieder abspielbar machen könne...
Aus diesem Grund wurde ich selber aktiv, um meine 8mm-Bänder zu retten und im Folgenden möchte ich dieses Wissen hier in Form eines Tutorials weitergeben. Das Ziel ist es, die Kopf-Umlenkrollen mittels der auf der Oberseite befindlichen Schrauben langsam und vorsichtig so zu verstellen, dass der Winkel zwischen Band und Kopftrommel wieder dem „richtigen“ Verhältnis entspricht, in welchem das Band ursprünglich im dejustierten Camcorder aufgezeichnet wurde. Natürlich wird bei diesem Vorgang absichtlich die herstellerspezifische Norm verlassen und möchte man am Ende wieder normgerecht aufgenommene Bänder abspielen, muss dieser Zustand selbstverständlich wiederhergestellt werden. Dazu später mehr.
Vorgehen:
Für dieses Vorhaben eignet sich im Grunde jedes 8mm-Abspielgerät, denn alle diese Geräte besitzen logischerweise diese zwei Kopf-Umlenkrollen. Das Problem hierbei ist nur, dass es bei den vielen portablen Digital8-Camcordern (die auch Hi8 & Video8 abspielen können), welche man auf eBay oder sonst wo zum Digitalisieren kaufen kann, viel schwerer sein kann, einen barrierefreien Zugang zu den Umlenkrollen zu bekommen, ohne nicht vorher 3/4 des Kameragehäuses abzuschrauben und das Innenleben freizulegen. Zuerst hatte ich das mit meiner Digital8 Sony-Cam versucht, aber wie man sehen kann, lässt sich bauartbedingt bei diesem Modell nur eine Umlenkrolle ohne größere Zerlegung erreichen. Die zweite Umlenkrolle bleibt hinter dem Gehäuse versteckt. Dies hängt maßgeblich von dem Digital8-Camcorder-Modell ab. Es gibt Modelle, da sind beide Umlenkrollen einfacher zugänglich. Meistens bei jenen Modellen, bei denen das Kassettenfach auf der Oberseite ist und nicht wie bei mir auf der Unterseite.
Bild 3: Schlechter Zugang zu den Umlenkrollen bei einem Sony Digital8-Camcorder
Um einen besseren Zugang zu den Umlenkrollen zu haben, verwende ich daher den in den oberen zwei Bildern abgebildeten Hi8-Rekorder Sony EV-S9000E.