Umwandlung von NTSC in PAL - Wie ist die Theorie dahinter?

  • Jo...

    Ich hoffe, ich bin hier richtig, ich hab zumindest kein Forum für Theoriefragen gefunden.

    Vor kurzem war ich an einer Diskussion beteiligt, bei welcher es u.a. um die meistens schlechte Qualität (Unschärfe, Klötzchenbildung, Ghosts) deutscher Anime-DVDs ging.
    Nachdem sich ein User das Stichwort Inverse Telecine in den Raum geworfen hatte und behauptete, damit ließe sich problemlos NTSC in PAL umwandeln, plapperte ich dies natürlich naiv nach, schaute jedoch nachher noch mal kurz auf Wiki vorbei. Und bekam einen Schreck. Inverse Telecine wird scheinbar benutzt, um NTSC wieder auf 23,976 fps, also in etwa Kinoformat zu bringen. Nur ist das kein 25fps PAL. Das war so ziemlich der Wachrüttler für mich, dass ich gegen mein Halbwissen in diesem Bereich endlich was tun will. Deswegen hab ich mal ein paar Fragen notiert. Ich hoffe, ihr könnt ihn beantworten. ^^;;;

    Vorweg noch eine Vermutung meinerseits:
    Da Anime größtenteils für den DVD- und TV-Markt gedacht sind, jedoch nicht für's Kino, wäre es relativ unlogisch ein Master in 24fps zu erstellen. Wenn man den Kram gleich auf NTSC/HD 29,97fps produziert, wird's wohl einfacher für alle sein (außer für die armen PAL-Schlucker).


    1) Deutsche Anime-DVDs haben manchmal Klötzchenbildung, oft ein unscharfes Bild und nahezu immer Ghosts, Klötzchen kommen wohl durch zu niedrige Bitrate, das unscharfe Bild durch ein Upscalen der 480 NTSC Zeilen auf 576 PAL Zeilen, aber wie kommen die Ghosts zustande?

    2) Angenommen, ich habe ein progressives 29,97fps NTSC Mastertape, wie würde ich dieses Mastertape auf 25fps PAL konvertieren können? Mich interessieren hier die technischen Vorgänge, nicht die Programme, die man benutzen kann. ;)

    3) Wie sieht es aus, wenn der Kram interlaced ist?

    4) Alle Anime DVDs, welche ich in die Finger bekam, auch japanische oder amerikanische, schienen interlaced zu sein, gibt's da irgendeinen besonderen Grund? Afaik können DVDs durchaus auch progressive Bilder wiedergeben.

    3) Wäre es rechtlich in Deutschland möglich, eine DVD als NTSC Version zu veröffentlichen? Immerhin kann ein Großteil aller Abspielgeräte diesen Standard.

  • 1) Eine zu niedrige Bitrate hat erstmal nichts mit der Normwandlung an sich zu tun, da hast du Recht, etwas Unschärfe entsteht natürlich auch durch das Upscalen von 480 auf 576, aber der größte Anteil an Unschärfe kann an einem schlecht eingestellten (und/oder grundsätzlich schlechten) Bobber liegen, dadurch werden dann in vielen Momenten eigentlich nur die Hälfte der 480 NTSC Zeilen auf 576 Skaliert, also 240. Allerdings sind bei Animes, komischerweise, die Master oft schon eher "nicht richtig scharf", es sind also in jedem Fall immer mehrere Faktoren.
    Ghosts ist eine nicht ganz eindeutige Bezeichnung, einerseits dürften das die Artefakte, die durch das Bobben entstehen, sein (ganz besonders die der Kernelbobber, die praktisch in allen Normwandlern zum Einsatz kommen, die hinterlassen durchgehend Ghosts, aber eigentlich sieht man das im laufenden Video kaum), andererseits die Doppelbilder, die entstehen, wenn man zwei benachbarte Bilder gewichtet mischt, um die Framerate zu ändern ohne dass es ruckelt (wenn es gut gewichtet ist, sieht man die eigentlich auch kaum im laufenden Video).

    2) Die 29,97 FPS auf 50 FPS (das doppelte von 25 PAL) bringen (entweder einfach durch Vervielfältigung einzelner Bilder oder gewichtetem Blending), dann die Bildgröße im besten Fall so gar unter Einbehaltung des aktiven Bildbereichs auf 720x576 (704x576 geht genauso, ist aber bei digitalen Mastertapes unüblich) bringen (einfach nur die 480 Zeilen auf 576 skalieren ist, ganz streng genommen, nicht ganz korrekt, das Seitenverhältnis stimmt aber trotzem, was allerdings eher Zufall ist), und zum Schluss diese progressive 50 FPS in 25 FPS "herein-interlacen".

    3) Genauso wie 2), nur dass das das Ganze vorher durch einen Bobber läuft, der 59,94 FPS ausgibt, dann gehts weiter wie bei 2).

    4) Ja, die PAL DVDs sind fast immer interlaced, weil das Master bereits in NTSC und damit interlaced war. Eine Normwandlung von etwas interlactem kann nur auch interlaced sein. Die NTSC DVDs sind durch den Telecine-Prozess auch interlaced, allerdings ohne Blends und andere Artefakte, außerdem lässt sich das meist sogar perfekt rückgängig machen. Interlacing an sich ist ja auch nicht das Problem.

    5) Gute Frage, aber selbst wenn das rechtlich ginge (was ich eher bezweifele), könnte man das nicht machen, denn das würde für den Publisher nur Ärger bedeuten, wenn die DVD bei manchen Leuten gar nicht brauchbar läuft (z.B. nur s/w, weil der Fernseher kein NTSC versteht) und bei jedem 3 in grauenhafter Qualität, weil die Leute ihren DVD-Player auf "immer PAL" statt "Auto" eingestellt haben und der dann eine Live-Normwandlung macht.
    Aber eigentlich ist das auch ziemlich idiotisch, denn PAL ist eindeutig das bessere Fernsehsystem - es ist eigentlich eine Schande, dass die Qualität regelmäßig unter dem eigentlich sehr viel weniger weit verbreitetem (aber dafür in den entscheidenden Regionen) NTSC leiden muss.

    7 Mal editiert, zuletzt von Skiller (25. September 2009 um 22:09)

  • Geisterbilder sind recht wahrscheinlich ein Nebenprodukt von Formatwandlungen. Eine Ursache dafür ist, dass bei PAL und bei NTSC die meisten Einzelbilder jeweils nicht exakt zum selben Zeitpunkt innerhalb einer Sekunde gezeigt werden, und deshalb leider (je nach Technik) teilweise Zwischenbilder berechnet werden.

    Dabei ist das bei echtem Zeichentrick nun wahrlich nicht nötig, schließlich kommt es hier aufgrund der sehr niedrigen Frameraten des Originals (maximal wenige Bilder pro Sekunde) ja weder auf exakte Synchronität an, noch existiert da eine gleichmäßige Bewegung (es sind fast immer mindestens zwei oder drei Bilder hintereinander gleich).

    Interlacing ist bei echtem Zeichentrick also eigentlich auch unsinnig - es sei denn, es gibt in einer Szene mindestens 8 fps im Originalmaterial, dann könnte die Nutzung von Halbildern bei Fernsehern durchaus gleichmäßigere Bewegungen fördern.

    Schwieriger wird es bei computerunterstütztem Zeichentrick oder computergeneriertem Trickfilm - hier gibt es wirklich mal sanfte, gleichmäßige Bewegungen mit voller Bildrate.


    Mit Konverter-Geräten geht so etwas ratz-fatz in Echtzeit. Leider aber auch nach "Schema F".

  • Ja, das sind Doppelbilder, die durch Mischung von zwei Bildern unterschiedlicher Zeitpunkte entstehen, allerdings muss man aufpassen:
    Es gibt zum einen die eher leichten Doppelbilder, die bei der Konvertierung der Framerate entstehen (Fieldblending), und zum anderen können noch weitaus heftigere Doppelbilder beim Deinterlacing eines solchen Videos entstehen, wenn man die Fields zusammen mischt. Letzteres kann man natürlich vermeiden, indem man einfach nicht deinterlaced, und zum Anschauen des interlacten Videos Bob-Deinterlacing verwendet.
    Wie wurden denn die Screenshots deinterlaced bzw. wie sind sie entstanden?

    Einmal editiert, zuletzt von Skiller (26. September 2009 um 15:40)

  • Das ist jetzt sehr lange her... ca ein Jahr oder so. Sie wurden auf jeden Fall mit PowerDVD gemacht. Und die Quelle ist leider nimmer verfügbar. (verkauft...)

    Allerdings waren die Geisterbilder immer sichtbar, auf zwei DVD-Playern und mehreren Abspielprogrammen auf'm PC.

  • Ein PC-Monitor arbeitet nun mal anders als ein Fernseher (erzählen wir jeden Monat aufs neue: Zeilensprungverfahren). Jeder Software-DVD-Player muss deshalb eine von vielen möglichen Techniken verwenden, um Interlaced-Video passend für einen progressiv arbeitenden Monitor darzustellen. Die dümmste Variante dafür ist das Überblenden der beiden Halbbilder. Screenshots aus Software-DVD-Playern zeigen deshalb meist nicht, wie das Material tatsächlich gespeichert ist.

  • Wie würde ich mir denn am besten die nativen Bilder, die auf einer DVD gespeichert sind, angucken?

    Und damit ich das richtig verstehe - Ghosts sind ein Phänomen, welches vorkommt, wenn eine NTSC Quelle mittels minderwertigem oder schlechtem Deinterlace zu PAL konvertiert und anschließend wiederum wegen minderwertigem oder schlechtem Deinterlace dargestellt wird?
    Es tragen also Mastertechnik des Labels und verwendetes Abspielgerät jeweils zur Hälfte die Verantwortung für den Scheiß?

  • Je zur Hälfte - unter Umständen ja. Aber es gibt so viele denkbare Konvertierungstechniken. Das kann man nur entscheiden, wenn man das Original sieht.

    Dabei kann DGIndex helfen, hier sieht man das Material unverändert. Oder in VirtualDubMod, VirtualDub-MPEG2, oder VirtualDub 1.8+ mit MPEG2-Plugin (die können auch vergrößern). Vielleicht hilft sogar AviSynth am besten, indem man die aus DGIndex generierte Index-Datei per DGDecode und SeparateFields auch mal Halbbild für Halbbild anschaut.

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